"Filder-Zeitung", vom 06.06.2011
Kirchheim Bei der Musiknacht kommen sämtliche Altersgruppen und Geschmacksrichtungen voll auf ihre Kosten. Von Jürgen Veit Kurz nach 18 Uhr ist vor dem Kirchheimer Rathaus schon einiges los an diesem sommerlichen Samstagabend. Kein Wunder, die der 14. Musiknacht wollen den Auftritt der lokalen Größe Werner Dannemann nicht verpassen. Zusammen mit Bernd Berroth und Peter Knapp sorgt er dann auch für ordentlich Stimmung mit seinem Konzert, bei dem er Songs von Eric Clapton interpretiert. Bei seiner Werkschau von "Slowhand Eric Clapton" spielt er rockige Titel der Clapton-Gruppe Cream ebenso nach wie Balladen und Bluessongs.
Weit weniger Andrang aber mindestens ebenso große Begeisterung herrscht im Wohnzimmer von Conny Pabst, das an diesem Abend zur "Location 49" wird. Die Frau, die in der Dettinger Straße lebt, ist ans Bett gefesselt und wird seit Jahren ununterbrochen künstlich beatmet. Die kultur- und musikbegeisterte Frau muss in ihrem Leben auf vieles verzichten, nicht aber auf die Musiknacht. Denn die wird ihr von den Veranstaltern nach Hause gebracht. Die Freude ist Conny Pabst ins Gesicht geschrieben, als die Gruppe Folxton auf der kleinsten, aber feinsten Bühne der Musiknacht aufspielt. Der Bewohnerin und ihren rund 40 Gästen scheint es nichts auszumachen, dass der Schweiß in Strömen rinnt. Sie genießen von der Hitze unbeeindruckt das Programm der sechsköpfigen Band, die eine Mischung aus Gipsy, Folk, Bluegrass, Swing und Irish-Folk bietet.
Der Bandleader beteuert grinsend, die Gruppe wolle ein Zeichen "gegen Atomstrom" setzen und musiziere deshalb akustisch. Doch tatsächlich tun das auch Uwe Heitel, Paul Lawall, Spellbound und Lagerfeuer, die an diesem Abend neben Folxton in Conny Pabsts Wohnung spielen. Das hat aber sicherlich auch damit zu tun, dass man beim Einsatz überdimensionierter Lautsprecherboxen um die Unversehrtheit der Fensterscheiben und der Trommelfelle der Zuhörer fürchten müsste.
Wer nach einem Besuch in der "Location 49" die Ruhe sucht und etwas Abkühlung benötigt, pilgert zum Kornhaus. Dort setzt der indische Tabla-Virtuose Suman Sarkar im Zusammenspiel mit der Sitarspielerin Somabanti Basu einen deutlichen Kontrast zu jener Musik, die an diesem Abend auf den Straßen und Plätzen der Innenstadt zu hören ist. In Indien ist Sarkar längst eine feste Größe in der Musikszene. Durch seine vielen Reisen und gemeinsamen Auftritte mit unterschiedlichen Musikern hat er sich auch in der modernen Jazzszene einen guten Ruf erarbeitet. Seit 1992 tritt Sarkar regelmäßig in Deutschland auf, an diesem Samstag aber zum ersten Mal bei der Kirchheimer Musiknacht.
Deren Programm ist nicht nur wegen der Bereicherung durch indische Musik an Vielseitigkeit kaum zu übertreffen. Bei 76 Bands ist für wirklich jede Altersgruppe und jeden Geschmack etwas dabei. Zum Beispiel vor dem Café Coffee Berries, vor dem sich ein sehr junges Publikum versammelt hat. Es ist begeistert von der Band "Bewegung tut gut", die mit ihrer fetzigen Mischung aus Funk, Hiphop und Jazz bei den Zuhörern für dieselbe sorgt.
Andreas Kenner vom Veranstaltungsteam zeigte sich gestern mit dem zuspruch und der Stimmung bei der Musiknacht "sehr zufrieden". Denn er schätzt, dass sich rund 11 000 Menschen von der Atmosphäre haben begeistern lassen. Auch die Stadthalle sei von 23 Uhr an "rappelvoll" gewesen. Viele der Musikbegeisterten werden sich über Kenners spontane Ankündigung freuen: "Auch im nächsten Jahr gibt es wieder eine Musiknacht in Kirchheim."